"Definiere kennen." sagte ich und grinste sie an. "Ich habe seinen gesamten Lebenslauf bei mir Zuhause, aber persönlich, nein." erklärte ich ihr. 'Wow, ich komme echt rüber wie ein Stalker!' schoss es mir durch den Kopf.

Ich drehte mich zu Katherine, die ich ehrlich gesagt schon ganz vergessen hatte. Wahrscheinlich hätte mich dieser Tod von Jeremy Gilbert berühren müssen, besonders da er durch einen Vampir gestorben ist. Doch großes Mitgefühl hatte ich noch nie. Oder doch, hatte ich früher, in meinen Unschuldsjahren. Jedoch baute mir mein Vater jegliches Mitgefühl ab, da es eine Schwäche sei. Und irgendwie konnte ich Katherine verstehen. Sie geht über Leichen, um das zubekommen, was sie will. Und ein kleiner Teil von mir war genauso wie sie.
Ich nickte stumm und überlegte, was ich sagen sollte. "Eigentlich war es Jeremy's eigene Schuld." rutschte es mir heraus und ich biss mir schmerzhaft in die Zunge. Warum hatte ich das gerade gesagt?
Als sich plötzlich Carolien zu Wort meldete, drehte ich mich zu ihr. "Ähm, klar!" sagte ich schnell und sprang von dem Hocker.

Ich kniff die Augen zusammen und sah Caroline nach, wie sie in die andere Ecke des Grills ging. Es wunderte mich nicht wirklich, dass sie so reagierte. Ich überlegte, was ich jetzt machen sollte und verlagerte verunsichert mein Gewicht von dem einen Bein zu dem anderen. 'Wer sollte mich schon verstehen können?' dachte ich mir. Niemand, der nicht meinen Vater kennengelernt hatte, konnte mich verstehen. Wem sollte man das verübeln? Wahrscheinlich stehe ich bei Caroline wie eine typische, gefühlslose Jägerin da.
Ich beschloss, zu ihr zu gehen und ihr alles zu erklären. Ich wusste zwar nicht, wo man anfangen sollte, doch ich kann meine Vergangenheit anscheinend nicht einfach so verdrängen. "Kann ich mit dir reden?" fragte ich sie.

Ich stand leicht verunsichert da. "Ich will dir erklären, warum ich so bin, wie ich nun mal bin." sagte ich vorsichtig. "Ich wurde in eine Jägerfamilie hineingeboren. Ich habe nie meine mutter kennengelernt und mein Vater zog mich auf. Er hatte die ganze Jäger-Sache unterdrückt, um mir eine normale Kindheit zubereiten. Als ich jedoch 3 war, kam plötzlich eine Vampirplage in meine geliebte Heimatstadt. Mein Vater fing wieder mit dem jagen an. Ich und mein Vater zogen um die ganze Welt, das machte er, um mich zu beschützen, wie er immer gesagt hatte. Als ich 6 war, lernte ich das kämpfen von ihm. Mit Pfeil und Bogen umgehen, mit Messern und Pfählen. So ging das eine ganze Weile, dazu lernte ich alles, was es wahrscheinlich über Vampire zu wissen gibt. Um noch besser zutrainieren, musste ich schließlich jagen gehen. Ich erschoss Hasen und Vögel, wobei ich immer geweint hatte und so viel Mitgefühl hatte. Das wollte mein Vater ändern, da man als Jäger gefühlslos sein muss und kein Mitgefühl verspüren durfte. Mit 10 Jahren brachte ich meinen ersten Vampir um und... Es macht mir nix aus. Ich verspürte tatsächlich kein Mitgefühl. Mein Vater und ich sind jahrelang umgezogen, blieben höchstens 2 Wochen in einer Stadt, und brachten Vampire um. Mit 16 bin ich schließlich abgehauen, habe mein eigenes Ding gemacht. Ich bin umhergewandert, habe nur wenn es nötig war, Vampire umgebracht. Und schließlich bin ich hier gelandet." erzählte ich ihr. Ich hatte vorher noch nie jemanden etwas von meiner Vergangenheit erzählt. Es kam nie dazu.

Ich lächelte ihr schwach zurück. Irgendwie deprimierte mich gerade meine Vergangenheit. Was sie eigentlich immer tat, weshalb ich versuchte, nicht daran zu denken. 'Doch ob ich es je hinbekommen werde, ein normales Leben ohne meine Vergangenheit zu haben?' fragte ich mich und um ehrlich zu sein, bezweifelte ich es.

'Ziemlich gut ist gar kein Ausdruck!' dachte ich mir. Doch wie will Caroline mir helfen? Wie will sie fast 13 Jahre meines Lebens umkehren? ich schluckte und nickte leicht. Wenn mein Vater mich sehen könnte, wie ich mich einen Vampir anvertraue. Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen, wenn ich daran dachte.

Ich merkte, das Caroline ein kleinen Teil der Geschichte verschwieg, jedoch ging ich nicht darauf ein. "Okay, das versteh ich." sagte ich. Stille herrschte für einen kurzen Moment, bis ihr wieder etwas einfiel. "Wie war das überhaupt mich shoppen gehen?" fragte ich sie und grinste sie an, um die Stimmung zu heben.